Interview mit Elin Keim Chorleitung bei

"The Scandinavian Ensemble"

Elin, wie ist die Idee zum Scandinavian Ensemble entstanden?

„Ich habe keinen Chor gefunden, bei dem man flexibel dabei sein konnte. Ich wollte einen Chor, der sich an das Leben der Menschen anpasst – nicht umgekehrt. Wir üben an unterschiedlichen Tagen, alle Noten sind digital verfügbar, es gibt Midi-Files zum Üben zuhause. Niemand muss zu jeder Probe kommen. Wichtig ist nur eines: dass man das Singen liebt! Und dass man Freude an schwedischer Musik hat. Wir singen ausschließlich auf Schwedisch – das war mir wichtig, um diese Tradition lebendig zu halten.“

Wo war die erste Lucia-Probe 2010 – und was habt ihr gesungen?

"Unsere allererste Probe fand tatsächlich in meiner WG statt! Wir waren neun Leute, einige kannten sich, andere nicht. Ich hatte Kerzen aufgestellt, und ich glaube auch Glögg gekocht – und wir haben die klassische Lucia-Lieder gesungen: "Sankta Lucia", "Staffan var en stalledräng" und "Nu tändas tusen juleljus". Es war ziemlich improvisiert, aber die Stimmung war magisch."

Warum der Name The Scandinavian Ensemble?

"Ich wollte, dass der Name offen bleibt – nicht nur für Schweden, sondern auch für Sänger:innen aus anderen nordischen Ländern. Und „Ensemble“ klang für mich weniger steif als „Chor“. Es drückt mehr dieses Gefühl von Gemeinschaft, Klang und Leichtigkeit aus."

Wie reagieren die Deutschen auf Lucia und die schwedische Chormusik?
„Meistens mit Erstaunen und Gänsehaut. Auch wenn man die Texte nicht versteht, spürt man die Stimmung sofort. Die Lieder, die Kerzen, das Licht in der Dunkelheit – das berührt einfach. Für Schweden ist es natürlich auch mit vielen Erinnerungen verbunden, an die Kindheit und die Heimat. Aber auch wer das nicht kennt, ist ergriffen von dieser Atmosphäre.“

Ihr seid inzwischen über 50 Sänger:innen. Wie würdest du eure Gemeinschaft beschreiben?


„Wir waren 2010 nur neun! Im Laufe der Jahre sind viele dazugekommen, weil sie unsere offene, herzliche Atmosphäre mögen. Bei uns geht es nicht um Perfektion oder Prestige, sondern um Freude und Zusammenhalt. Alle helfen mit, egal ob Organisation, Auftrittsplanung oder Notenarbeit – das Soziale steht im Mittelpunkt.“

Was macht schwedische Chormusik für dich besonders?

„Sie ist einzigartig – melancholisch, harmonisch, voller Licht und Gefühl. Diese Melodien bleiben im Herzen. In Schweden kennt sie fast jeder, weil man sie schon im Kindergarten oder in der Schule singt. Sie sind Teil unserer Identität.“

Was bedeutet dir Lucia persönlich?


„Lucia ist für mich die wichtigste Tradition, die ich aus Schweden mitgebracht habe. Ich singe die Lucialieder jedes Jahr seit meinem dritten Geburtstag. Es war mir wichtig, das auch meinen Kindern weiterzugeben. Ich habe mein ganzes Leben in Chören gesungen – Schulchor, Kirchenchor, Kammerchor – und diese Gemeinschaft wollte ich nicht verlieren, nur weil ich Schweden verlassen habe. Also habe ich 2010 The Scandinavian Ensemble gegründet. Seitdem haben wir so viele schöne Momente erlebt – bei Auftritten in Kirchen, bei schwedischen Unternehmen wie IKEA, Volvo und SCA, in Museen zwischen antiken Statuen oder in Altersheimen, wo sich auch jemand beschwert hat: „Er verstehe uns nicht – aber schön sei es trotzdem!“

Was wünschst du dir für die Zukunft?

„Ich wünsche mir, dass wir diese Tradition noch viele Jahre fortsetzen – und dass sich mehr schwedische Kinder und Jugendliche in München anschließen, um gemeinsam mit uns zu singen. Musik verbindet – über Sprache und Herkunft hinaus.“

Welche Musik hörst Du zu Hause und welches Lied singst Du selbst am allerliebsten?

Ich höre eigentlich alles. Wenn ich arbeite oder schreibe, läuft oft ruhigere, nordische Musik im Hintergrund. Ich liebe schwedische Volksmusik – diese einfachen, aber tiefgehenden Melodien. Und ich bin ein großer Musical-Fan! Helen Sjöholm mag ich besonders. Ihre Lieder singe ich auch am liebsten, egal ob aus „Kristina från Duvemåla“ oder „Så som i himmelen“.

Was denkst du heimlich, wenn dein Chor mal so richtig schlecht singt? 😅

"Haha, gute Frage! Ehrlich gesagt denke ich meistens: „Na gut, das kriegen wir schon hin.“ Ich weiß ja (nach mehreren Jahren Erfahrung mit euch), dass alle ihr Bestes geben – und dass es am Ende, wenn die Kerzen brennen und das Publikum still wird, einfach schön sein wird. Und manchmal denke ich mir: "Okay, dieses Lied lassen wir dieses Jahr". 😄

„Lucia ist für mich ein Stück Heimat – und ein Geschenk an alle, die sich von Musik berühren lassen.“

Als Elin Keim 2007 nach München zog, fehlte ihr etwas: die schwedische Chormusik, das gemeinsame Singen, die Lichter und Lieder der Lucia-Tradition. Drei Jahre später gründete sie das Scandinavian Ensemble, einen Chor, der heute über 50 Sänger:innen zählt – und jedes Jahr die nordische Lichtertradition nach München bringt.